Eritrea

Eine eritreische Kaffeezeremonie im Asylbewerberheim

Saba Tekeste, 33, aus Asmara, Flüchtling aus Eritrea. Mutter eines vier Jahre alten Sohnes. Seit Ende 2014 in Deutschland.

Saba empfängt mich in ihrer Wohnung im Asylbewerberheim in der Satower Straße. Den kargen PVC-Boden hat sie mit frischem Gras geschmückt und auf dem Tisch in dem kleinen Raum stehen angerichtet auf zahlreichen Platten und Tellern eritreische Gerichte, von denen das ganze Haus sattwerden könnte. Und so ist es auch, nach und nach kommen die Mitbewohner des Hauses Nr.1 vorbei, dann rufen die bereits Anwesenden „Komm rein, komm rein, iss mit uns!“ Viele kommen wie Saba aus Eritrea, andere z.B. aus Afghanistan. Nicht nur für Essen hat Saba gesorgt, ich darf auch an einer typisch eritreischen Kaffezeremonie teilnehmen.

"In Eritrea trinkt man Kaffee nicht schnell, schnell, schnell."

In einen kleinen Topf hat Saba grüne Kaffebohnen gefüllt, die sie über einer Gasflamme beginnt, zu rösten. Dabei schüttelt sie die Bohnen beständig. Es knistert, es knackt und aromatischer Dampf entwickelt sich, bis Saba die schwarz gewordenen Kaffebohnen auf einem Babmusteller ausbreitet. Die Bohnen werden nun gemahlen und in einen Tonkrug gefüllt. Saba stellt ihn auf den Gaskocher und gibt nach und nach Wasser hinzu. Beginnt der Kaffee zu kochen und will über den Rand des Kruges steigen, gießt sie stets etwas Kaffee ab, um ihn einen Augenblick später dazuzufüllen. Wie lange man das mache, frage ich. 15-20 Minuten, antwortet ein eritreischer Mann, der sich miteingefunden hat und noch am besten Englisch kann. Es gehe um den Genuß, sagt er. In Eritrea trinke man Kaffee nicht schnell, schnell, schnell. Jeden Tag nach der Hauptmahlzeit wird in jedem eritreischen Haus auf diese Weise Kaffee getrunken.

Saba zündet Kohlen an und verbrennt sie gemeinsam mit Weihrauch. Ein rauchig-süßlicher Duft erfüllt den Raum, dann gießt sie den Kaffee in kleine Espressotassen. Noch einmal sagt man mir: „Es geht nicht um das Kaffeetrinken. Es geht um das Zusammensein mit der Familie, das Erzählen und Zeit füreinander haben.“ Hier im Asylbewerberheim haben sie schon lange keine Kaffezeremonie mehr gehalten, deswegen scheinen viele es umso mehr zu genießen, ich sehe Freude in den Gesichtern.

Zum Kaffee gibt es Popcorn und ein besonderes Brot: Hambasha. Es hat eine leicht süßliche Note, ohne aufdringlich zuckrig zu schmecken und passt sehr gut zu dem bitteren Getränk. Saba erklärt mir, wie sie es gebacken hat:

 

Zutaten Hambasha: 1 kg Weizenmehl • 1 Pkg Trockenbackhefe • 1 Pkg Backpulver • 1 Handvoll Zucker • etwas Salz • etwas Öl • 2 Gläser Wasser

 

Das Brot hat eine stattliche Größe, wer keine Großfamilie oder viele Freunde eingeladen hat, für den wird auch die Hälfte der angegebenen Menge ausreichen. Saba mischt die Zutaten – das Wasser sollte nach und nach zugegeben werden, sodass ein gut knetbarer Teig entsteht. Nachdem dieser gut mit den Händen bearbeitet wurde, drei Stunden ruhen lassen. Den Teig in eine runde Backform geben und mit Messer und Gabel schöne Muster hineinschnitzen. Ca. 20 Minuten backen.

Wo ihr Mann ist, weiß Saba nicht.

Saba spricht nur sehr wenig Englisch, die Verständigung ist dementsprechend nicht immer ganz einfach, dafür lächeln wir umso mehr. Was war der Anlass für ihre Flucht, frage ich sie? Politische Probleme, sagt Saba. Eritrea ist kein guter Ort zum Leben. Was ich verstehe, ist, dass ihr Mann im Gefängnis war, bevor sie beide beschlossen, zu fliehen. Sie kamen gemeinsam bis in den Sudan, dort wurde ihr Mann festgenommen. Seitdem hat sie nichts mehr von ihm gehört, weiß nicht einmal, ob er noch lebt. Sie selber machte sich, zu diesem Zeitpunkt zusätzlich schwanger, weiter auf den Weg nach Europa. „Sudan, Libyen, Italien.“ Sie hat den Weg über das Mittelmeer genommen: „dangerous, dangerous“,  wiederholt sie. 2009 begann sie ihre Flucht, 2014 stellte sie in Deutschland einen Asylantrag. Besonders wichtig ist ihr die Zukunft ihres Sohnes Keibron, der jetzt gut 4 einhalb Jahre alt ist. Das ist ihr größter Wunsch, ihn glücklich aufwachsen zu sehen und dass er ein gutes Leben hat. Selber möchte sie arbeiten, ganz egal was. Was für einen Job sie in Eritrea hatte? "Kein Job", sagt sie. Nach der Schule musste sie zur Armee, fünf, sechs Jahre. Danach arbeitete sie als Kellnerin oder verkaufte Streetfood, arabisches und eritreisches Essen. Zurück möchte sie auf keinen Fall, aber ihre Familie vermisst sie sehr, besonders ihre Geschwister.

Das Festmahl

Hambasha und Kaffee sind nur ein kleiner Ausschnitt des geradezu Büffetessens, das Saba vorbereitet hat. Von Kleinigkeiten bis großen Töpfen findet man alles auf dem Tisch in ihrem kleinen Zimmer des Heims. Beinah in jedem Gericht findet sich aber eine Zutat: eritreische Paprika. Dieses Gewürz ist sehr scharf, gibt dem Essen eine feurig rote Farbe und hier in Deutschland so gut wie gar nicht zu bekommen. Für das Fotoshooting hat Saba ihre Vorräte geopfert.